In unseren Kaufverträgen finden Sie folgende Formulierung:
»Mit vollständiger Kaufpreiszahlung ist dem Käufer der Besitz zu übergeben. Dann gehen auch die Nutzungen und die Gefahr auf den Käufer über; private und öffentliche Lasten, Verbrauchskosten, Verkehrssicherungspflichten und Haftung jedoch (jeweils zeitanteilig) spätestens ab Fälligkeit des Kaufpreises.«
1. Übergabe des Besitzes, Nutzungen
Der Zeitpunkt des Besitzübergabe regelt, wem das Kaufobjekt zu welchem Zeitpunkt wirtschaftlich zugerechnet wird, d.h. wer die Nutzungen für sich verwenden kann und wer die Kosten zu tragen hat. Diese Regelung ist unabhängig vom Übergang des Eigentums. Der Besitzübergang erfolgt in der Regel vor dem Eigentumsübergang, da für diesen die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts wegen der Grunderwerbsteuer vorliegen muss. Erst dann kann die Umschreibung im Grundbuch erfolgen, wodurch das Eigentum übergeht.
Der Zeitpunkt des Übergangs von »Besitz, Nutzungen und Lasten« ist auch für die steuerliche Betrachtungsweise (den Zeitpunkt der »Anschaffung«) entscheidend. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von »wirtschaftlichem Eigentum«. Dieser Begriff ist verwirrend und meint nichts anderes als wirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit bzw. wirtschaftliche Verantwortung für ein Objekt. Nach der obigen Formulierung kann der Käufer ab dem Übergang von Besitz und Nutzungen das Objekt beziehen, es vermieten oder damit tun, was er für richtig hält. Er kann auch bereits Umbaumaßnahmen vornehmen. Hierbei sollte er jedoch beachten, dass der Kaufvertrag noch nicht voll erfüllt und er noch nicht Eigentümer ist. Sollte der Kaufvertrag also aus irgendwelchen Gründen doch noch scheitern, kann sich bei getätigten Umbaumaßnahmen Streit darüber ergeben, ob z.B. Aufwendungsersatz oder Schadensersatz zu leisten ist.
Weitere Einzelheiten zum Besitzübergang bei vermieteten Immobilien sind in Abschnitt III. dargestellt. Die Einzelheiten zum Besitzübergang bei eigengenutzten Immobilien finden sich in Abschnitt IV.
2. Übergang der Lasten und der Versicherungen
Der Zeitpunkt des Übergangs der Lasten regelt, ab wann der Käufer die Lasten des Grundstücks zu tragen hat (z.B. Grundsteuer, Versicherungsbeiträge, Wohngeld, Erschließungsbeiträge). Hierbei sind folgende Besonderheiten zu berücksichtigen:
a) Die Grundsteuer wird von der Gemeinde für das Kalenderjahr festgesetzt. Zur Zahlung fällig ist sie vierteljährlich am 15.02., 15.05., 15.08. und 15.11. in Höhe je eines Viertels des Jahresbetrags. Steuerschuldner für das gesamte Kalenderjahr ist somit noch der Verkäufer. Der Käufer hat den Verkäufer jedoch für die Zeit ab Lastenübergang von der Zahlungspflicht freizustellen bzw. ihm die gezahlten Beträge für den Zeitraum ab Lastenübergang zu erstatten. Dies kann z.B. in der Weise erfolgen, dass der Verkäufer hinsichtlich des Quartals, in dem der Lastenübergang erfolgt, noch die gesamte Quartalssumme an die Gemeinde zahlt, während der Käufer dem Verkäufer anteilig den Betrag erstattet, der auf die Tage dieses Quartals entfällt, die nach dem Lastenübergang liegen, und der Käufer die für die folgenden Quartale fällig werdenden Zahlungen unter Angabe der Verkäuferdaten (insb. dessen Steuernummer) an die Gemeinde zahlt. Zu diesem Zweck empfiehlt sich die Löschung eines evtl. vom Verkäufer erteilten Dauerauftrags oder einer entsprechenden Einzugsermächtigung und die Einräumung einer solchen durch den Käufer. Zum nächsten Kalenderjahr wird dann der Käufer selbst Schuldner der Grundsteuer
b) In gleicher Weise kann hinsichtlich der Prämienzahlungen etwaiger Gebäudeversicherungen verfahren werden, wenn diese nicht ohnehin gekündigt oder in veränderter Form vom Käufer neu abgeschlossen werden sollen (vgl. hierzu ausführlich unten Ziffer 4). Die Fälligkeitstermine der Prämien ergeben sich aus dem Versicherungsvertrag.
3. Übergang der Verkehrssicherungspflicht
Die Verkehrssicherungspflicht umfasst z.B. die Verpflichtung zur Schneeräumung im Winter sowie alle Vorkehrungen, die notwendig sind, damit kein Dritter durch das Objekt oder seinen Zustand zu Schaden kommt, also auch die regelmäßige Untersuchung der Standsicherheit von Bäumen.
4. Übergang der Gefahr
Unter »Gefahr« versteht man das Risiko, dass das Vertragsobjekt zerstört oder beschädigt wird. Dieses Risiko bleibt nach obiger Formulierung bis zur Kaufpreiszahlung beim Verkäufer. Realisiert sich das Risiko also vor Kaufpreiszahlung, z.B. durch höhere Gewalt (Blitzschlag oder Ähnliches), kann der Käufer den Kaufpreis (in entsprechender Höhe) zurückhalten. Realisiert sich ein solches Risiko nach Zahlung des Kaufpreises, trifft es den Käufer. Daher werden in derartigen Verträgen in der Regel die Ansprüche aus Schadensversicherungen auf den Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung an den Käufer abgetreten, damit er einen Ersatz für die Zerstörung oder Beschädigung des gekauften Objekts hat.
Bestehende Gebäudeschadensversicherungen wie z.B. die Brandversicherung, die Sturm- und Leitungswasserversicherung (»verbundene Gebäudeversicherung«), ggf. mit Elementarschadensschutz (Erdrutsch, Überschwemmungen etc.) sowie eine etwaige Gebäudehalterhaftpflichtversicherung gehen kraft Gesetzes auf den Käufer über. Er kann jedoch innerhalb eines Monats nach Eigentumsumschreibung die Versicherung kündigen, wahlweise mit sofortiger Wirkung oder zum Ablauf des Versicherungsjahres. Da das gleiche Recht der Versicherung zusteht, ist dieser der Eigentumswechsel unverzüglich anzuzeigen (anderenfalls könnte sie in einem späteren Schadensfall die Zahlung verweigern). Die Kündigungsmöglichkeit kann auch zum Anlass genommen werden, die Versicherung auf die Bedürfnisse des Käufers anzupassen (hinsichtlich versicherter Tatbestände, Versicherungssumme etc.) oder zu einem anderen Anbieter zu wechseln. Zwar besteht (anders als bei der Pkw-Haftpflicht) kein Versicherungszwang, wegen des hohen drohenden Schadens ist allerdings der Abschluss derartiger Versicherungen geradezu unverzichtbar.