Grundschulden sind Verträge, die in der Regel zwischen (Grundstücks-) Eigentümer (»Besteller«) und Kreditinstituten (»Gläubigern«) geschlossen werden. Beim Notar ist in aller Regel allerdings nur der Besteller anwesend. Dies hat in erster Linie praktische Gründe, ist doch die Grundschuld ein – für die Bank – nahezu alltägliches Rechtsgeschäft, dessen Inhalt, da vorgegebene Formulare verwendet werden müssen, kaum einer Variation unterliegt. Für die Bank wird die Grundschuld durch vorbehaltlose Entgegennahme der Grundschuld bindend (§ 873 Abs. 2 BGB). Die für den Grundschuldbesteller wirtschaftlich wichtigen Verhandlungen über die Konditionen des Darlehens selbst haben ohnehin bereits im Vorfeld der Bestellung des reinen Sicherungsmittels Grundschuld stattgefunden. Erforderlich ist hingegen die Anwesenheit des Grundschuldbestellers und gegebenenfalls der persönlich haftenden weiteren Personen, da dieser den Grundbesitz bzw. sein sonstiges Vermögen der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft, eine einschneidende Erklärung, die nach den gesetzlichen Bestimmungen nur zu notarieller Urkunde abgegeben werden kann.
Grundschuldurkunden enthalten von (Bank-) Spezialisten entworfene, meist sehr komplizierte Klauseln. Der Notar wird sich im Rahmen der Beurkundung bemühen, unverständliche Klauseln zu erläutern und durch die Formulierung der Grundschuldformulare fast zwingend auftretenden Missverständnisse auszuräumen. Der Grundschuldbesteller muss sich jedoch im Klaren darüber sein, dass eine Änderung der vorformulierten, in einer Vielzahl von Fällen erprobten, Grundschuldbedingungen nicht möglich ist. Diese Klauseln unterliegen zudem einer ständigen Überprüfung durch die Gerichte; es handelt sich um »Allgemeine Geschäftsbedingungen«.
Nachstehend seien zumindest die wichtigsten, in nahezu allen Grundschuldformularen vorkommenden Vertragsklauseln, kurz erläutert:
1. Grundschuldzinsen
In Grundschuldurkunden wird meist ein dramatisch hoch anmutender Grundschuldzinssatz zwischen 12 % und 20 % jährlich vereinbart.
Dies sollte aber keinen Anlass zur Beunruhigung geben. Grundschuldzinsen sind niemals Zinsen, die wirklich bezahlt werden. Bezahlt werden – und damit wirtschaftlich maßgebend sind – allein die auf den Darlehensvertrag vereinbarten Zinsen, sowohl bei ordnungsgemäßer Bedienung als auch im Fall eines Zahlungsverzuges mit Verzinsung und/oder Tilgung.
Die gegenüber den tatsächlich vereinbarten Darlehenszinsen weit höheren sog. dinglichen Grundschuldzinsen ermöglichen zum einen eine flexible »Revalutierung« der Grundschuld durch Aufnahme eines neuerlichen Darlehens auch dann, wenn – was angesichts der derzeitigen Niedrigzinsphase zu erwarten ist – die für das künftige neue Darlehen zu entrichtenden Zinsen deutlich höher sind als die derzeit vereinbarten oder aber nach Ablauf der Zinsfestschreibung höhere Konditionen unvermeidlich sind. Würde nämlich lediglich der derzeitige tatsächliche Kreditzins von bspw. 1 % im Grundbuch eingetragen, könnte die Grundschuld nicht mehr für einen neuerlichen, in 20 Jahren aufzunehmenden Kredit, der dem dann (angenommenen) Zinsniveau von 9 % jährlich angemessen zu verzinsen ist, als Sicherheit dienen, und würde damit einen wesentlichen Vorteil (die Wiederverwendbarkeit aufgrund ihrer vom konkreten Darlehen gelösten, abstrakten Natur) ohne Not verspielen. Bei Grundschuldzinsen von z.B. 14 % jährlich kann aber ein neuerlicher Kredit von 9,5 % Zinsen ohne Weiteres mit abgesichert werden.
Eine weitere Funktion der hohen Grundschuldzinsen liegt in der Erweiterung des Sicherungsumfangs der Grundschuld. Der (nominale) Grundschuldbetrag orientiert sich in der Regel an der Darlehenssumme. Gerät der Darlehensnehmer – aus welchen Gründen auch immer – mit Zinsen oder Tilgung in Rückstand, kann sich seine Verbindlichkeit gegenüber der Bank rasch auf (z.B.) 110.000,00 € erhöhen. Dennoch bedeutet dies für die Bank nicht zwingend einen Ausfall ihres Verwertungsrechts in Höhe der 100.000,00 € übersteigenden Summe (mit der Folge, dass sie unerbittlich bereits bei geringen Rückständen die Versteigerung betreiben müsste!) Vielmehr ist der Gläubiger berechtigt, neben dem Hauptsachebetrag von 100.000,00 € für jedes abgelaufene Jahr einen weiteren Betrag von (bei 12 % Zinsen) 12.000,00 € zusätzlich aus dem Versteigerungserlös zu entnehmen, maximal natürlich bis zur Höhe des geschuldeten Kreditsaldos. Die seit Eröffnung des Versteigerungsverfahrens und die während der beiden Jahre davor aufgelaufenen dinglichen Zinsen werden hierbei im Rang der Grundschuld selbst berücksichtigt.
2. Unterwerfung des jeweiligen Eigentümers unter die Zwangsvollstreckung
Auch diese Grundschuldbestimmung klingt recht dramatisch, ist aber eine in notariellen Urkunden übliche und notwendige Regelung (§ 800 ZPO). Ein Beispiel möge den Sinn der Bestimmung dadurch erläutern, dass die Folgen deren Fehlens verdeutlicht werden:
Der Schuldner S schuldet seiner Bank einen Geldbetrag i.H.v. 20.000,00 €. Zahlt er diesen Betrag nicht zurück, ist die Bank darauf angewiesen, den S auf Rückzahlung vor einem Gericht zu verklagen. Nach Durchführung eines – in vielen Fällen sehr langwierigen und teuren, zumal mit Anwalts- und Gerichtskosten verbundenen – Verfahrens über möglicherweise mehrere Instanzen wird das Gericht, wenn die Forderung der Bank berechtigt ist. den Schuldner zur Zahlung der 20.000,00 € zuzüglich Zinsen und Kosten verurteilen. Damit hat die Bank jedoch ihr Geld noch nicht zurückerhalten. Vielmehr muss sie nun versuchen die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil in das Vermögen des Schuldners zu betreiben. Sie könnte z.B. eine Zwangssicherungshypothek am Grundstück des Schuldners eintragen lassen und dann aus dieser Zwangssicherungshypothek wiederum die Versteigerung des Grundbesitzes betreiben. Hat allerdings der Schuldner während des langwierigen Klageverfahrens das Grundstück veräußert und den Erlös ausgegeben, greift die Bank – trotz rechtskräftigen Titels – ins Leere.
Durch die Grundschuldbestimmung über die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung wird dieses Verfahren in doppelter Hinsicht verkürzt. Einerseits ist die Grundschuld von vornherein ein Pfandrecht an einem bestimmten Vermögensgegenstand des Schuldners, sodass die Eintragung eines Pfandrechts im Rahmen einer Zwangsmaßnahme überflüssig ist. Andererseits entsteht durch die Unterwerfungserklärung eine »vollstreckbare Grundschuld«. Diese vollstreckbare Grundschuld ersetzt ein Gerichtsurteil. Ein langwieriges und teures Gerichtsverfahren ist also entbehrlich. Der Grundschuldgläubiger (Bank) kann sofort aus der Grundschuld die Zwangsversteigerung des Grundstücks betreiben. Die dadurch eintretende Ersparnis und der Zuwachs an Verwertungssicherheit führen wiederum zu allgemein günstigeren Zinskonditionen, was allen Kunden zugutekommt.
Es sei klargestellt, dass der Grundschuldgläubiger (Bank) aus der vollstreckbaren Grundschuld an sich jederzeit die Zwangsvollstreckung in den verpfändeten Grundbesitz betreiben könnte. Solange allerdings der Schuldner seine Verpflichtungen aus dem Darlehensverhältnis erfüllt, also Zins- und Tilgung vertragsgemäß erbringt, verstößt die Zwangsvollstreckung gegen die Zweckerklärung; der Schuldner kann erfolgreich Vollstreckungsgegenklage erheben.
Die Zugriffsmöglichkeit im Wege der Versteigerung des belasteten Flurstücks (die auch aufstehende Gebäude und sonstige wesentliche Bestandteile sowie das Inventar erfasst) richtet sich, wenn eine sog. dingliche Unterwerfungserklärung nach § 800 ZPO abgegeben und im Grundbuch eingetragen wird, gegen den »jeweiligen Eigentümer«. Überträgt also bspw. der Grundschuldbesteller das belastete Objekt (auch ohne Wissen der Bank) an seinen Sohn und wird sodann der gesicherte Kredit notleidend, kann gleichwohl der Gläubiger auch gegen den Sohn als nunmehrigen Eigentümer vollstrecken. Ein Wechsel im Eigentum hat also dann auf die Verwertungsmöglichkeit in dinglicher Hinsicht – also gegen das Pfandgut selbst gerichtet – keinen Einfluss.
3. Abstraktes Schuldversprechen mit Zwangsvollstreckungsunterwerfung
So gut wie alle Grundschuldformulare enthalten weiter eine – oft kompliziert gefasste – Bestimmung über ein »Abstraktes Schuldversprechen mit Zwangsvollstreckungs-unterwerfung«. Hinter dieser Regelung steckt Folgendes:
Grundschuldbesteller gehen oftmals davon aus, dass sie, da ja das Grundstück verpfändet wird, gegenüber der Bank nur mit diesem Grundbesitz samt Bestandteilen und Inventar haften. Diese Ansicht ist insofern nicht richtig, als der Grundschuldbesteller mit der Bank einen Darlehensvertrag unterzeichnet hat oder unterzeichnen wird, der ihn zur Verzinsung und Rückzahlung unter Einsatz seines gesamten Vermögens verpflichtet. Durch das sog. abstrakte Schuldversprechen im Rahmen der Grundschuldurkunde wird nochmals unabhängig – »abstrakt« – anerkannt, dass eine Schuld gegenüber der Bank in Höhe des Grundschuldbetrags besteht, eine Verschärfung oder Erweiterung der Haftung ist damit zunächst nicht verbunden; erreicht wird zunächst nur eine Beweiserleichterung für die Bank.
Das abstrakte Schuldversprechen kann aber deshalb besondere Bedeutung gewinnen, weil damit eine Zwangsvollstreckungsunterwerfung hinsichtlich des gesamten Vermögens des Bestellers enthalten ist. Aufgrund der Zwangsvollstreckungsunterwerfung bzgl. des Grundbesitzes (vorstehend Gliederungspunkt V. 2.) wird der Bank eine schnelle Verwertung der verpfändeten Immobilie ermöglicht. Die Vollstreckungsunterwerfung auch bzgl. des sonstigen Vermögens erweitert den Kreis ihrer Zugriffsmöglichkeiten, wenn das Darlehen notleidend wird. Sie kann nun beispielweise den Lohn des Schuldners oder seinen Zweit-Pkw pfänden. Diese Möglichkeit ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn der aus der Verwertung des Pfandgrundbesitzes erzielte Erlös zur Befriedigung der Forderungen der Bank nicht ausreicht oder aber bei geringeren Rückständen nicht sofort zum »letzten Mittel« der Versteigerung der Immobilie selbst gegriffen werden soll.
Zur Verdeutlichung möge folgendes Beispiel dienen:
Schuldner S schuldet der Bank insgesamt 300.000,00 €. Am Grundstück von S ist eine Grundschuld über 250.000,00 € samt 15 % Zinsen jährlich eingetragen. In der Grundschuldurkunde ist auch eine Bestimmung über die Zwangsvollstreckungsunterwerfung hinsichtlich des sonstigen Vermögens des Schuldners enthalten. Vier Jahre nach Bestellung der Grundschuld bringt die Bank, nachdem S seine Schulden nicht bezahlt, das Grundstück zur Versteigerung. Bei der Versteigerung werden 200.000,00 € erzielt.
Mit der Versteigerung des Grundbesitzes aus der Grundschuld haben sich die übersteigenden Schulden des S nicht etwa erledigt, sondern bestehen i.H.v. 100.000,00 € fort. Die Bank hat nunmehr die Möglichkeit auf andere Vermögenswerte des S (Sparkonten, Pkw) zuzugreifen. Aufgrund der Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung ist der Bank ein sehr schneller Zugriff etwa im Wege der Gehaltspfändung oder sonstiger Zwangsmaßnahmen gestattet.
Darlehensschuldner und Eigentümer müssen nicht dieselbe Person sein. So liegt es z.B., wenn Eltern (Eigentümer) ihren Grundbesitz für Schulden des Kindes (Darlehensnehmer) verpfänden. In diesem Fall übernimmt allerdings ausschließlich das Kind als Darlehensnehmer auch in der Grundschuldurkunde die volle persönliche Haftung. Die Haftung der Eltern als Eigentümer beschränkt sich dann in der Regel auf den belasteten Grundbesitz, während die wahren Darlehensnehmer die persönliche Haftung (mit Unterwerfung unter die Vollstreckung in ihr sonstiges Vermögen) übernehmen.
4. Sicherungszweckerklärung
Eine besonders wichtige Regelung im Zusammenhang mit der Grundschuldbestellung ist die Abrede über den Sicherungszweck, auch Sicherungsvereinbarung oder Sicherungsvertrag genannt.
Die Sicherungsabrede unterliegt nicht dem Zwang der notariellen Beurkundung, kann also durch privatschriftliche Vereinbarung mit der Bank jederzeit geschlossen, aufgehoben, erneuert und abgeändert werden.
Die Sicherungsabrede regelt, welche Forderungen im Einzelnen durch die Grundschuld abgesichert sind. Sie stellt also gewissermaßen die Verbindung zwischen der äußeren Hülle (Grundschuld) und deren Inhalt (Darlehen) dar. Nur wenn ein Darlehen in den Sicherungszweck der Grundschuld einbezogen wurde, kann die Bank auch aus der Grundschuld vorgehen, wenn die Rückzahlung des Darlehens nicht erfolgt.
5. Abtretung von Rückgewähransprüchen
Die wohl am wenigsten verständliche Bestimmung in Grundschuldurkunden ist die Regelung über die »Abtretung von Rückgewähransprüchen«. Was gemeint ist, lässt sich am besten an einem Beispiel verdeutlichen: Eigentümer E bestellt im Jahre 1999 an seinem Hausgrundstück für Bank I im ersten Rang eine Grundschuld zu 50.000,00 € und für Bank II im zweiten Rang eine Grundschuld zu 40.000,00 €. Nach Ablauf von zehn Jahren hat er das durch Bank I gewährte Darlehen i.H.v. 50.000,00 € getilgt.
Bank I ist damit zwar noch als Grundschuldberechtigte im Grundbuch eingetragen, eigentlich steht aber die Grundschuld jetzt dem Eigentümer zu, der sie durch Tilgung des Darlehens sozusagen »zurückerworben« hat. Ihm steht ein »Rückübertragungsanspruch« zu. Andererseits hat der Eigentümer aber an sich auch die Möglichkeit, auf die (zurückbezahlte) Grundschuld erneut ein Darlehen aufzunehmen, die Grundschuld also zu revalutieren, sodass er normalerweise diesen Anspruch nicht geltend machen wird.
Eine solche Revalutierung wird Bank II nicht gerne sehen. Nach Rückzahlung des von Bank I gewährten Darlehens stand ja die Grundschuld von Bank I nur noch als »leere Hülle« vor dem Recht von Bank II. Das Recht von Bank II, das an sich mit jeder Rückzahlungsrate, die auf das Darlehen von Bank I erbracht wurde, wertvoller geworden war, wäre durch die Revalutierung entwertet. Vor einer solchen Entwertung ihrer Rechte kann sich Bank II schützen, indem sie sich die Rückübertragungsansprüche, die der Eigentümer gegenüber Bank I hat oder haben wird, abtreten lässt. Dann nämlich wirkt eine Revalutierung gegenüber Bank II nur, wenn sie dieser zustimmt.
Die Abtretung der Rückgewähransprüche dient damit also in erster Linie der Sicherung des Aufrückens der nachrangigen Grundschuldgläubiger im Rang.